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Veganes Familienrecht

Veganes Familienrecht

Im veganen Familienrecht stehen nach bisheriger Praxiserfahrung folgende zwei Fallgruppen besonders im Vordergrund:

  1. Wer kann im Zweifel bestimmen, ob sich das Kind vegan oder omnivor ernährt?
  2. Besteht bei Veganern die Gefahr, dass ihnen das Sorgerecht für das Kind aufgrund der veganen Ernährung entzogen wird?

Veganes Familienrecht

1.Essensbestimmungsrecht:

Spätestens seit dem sogenannten Bergamofall, bei dem eine vegane Mutter in Italien zur Fleischernährung ihres Kindes  verurteilt wurde, wird darüber diskutiert, wie ein solcher Fall wohl in der Bundesrepublik Deutschland entschieden werden würde. Bei Ehen von Veganern mit Omnivoren ist es leider häufig anzutreffen, dass in allgemeinen Situationen des Streites oder der Trennung die vormals tolerierte Ernährungsethik der Veganer plötzlich kritisch gesehen wird. Sollten Eltern diesen Konflikt nicht untereinander klären können, scheint dies eher ein Fall für Familientherapeuten als für die Gerichte zu sein. Alle Eltern sollten immer in erster Linie im Blick haben, in welch schreckliche Loyalitätskonflikte Kinder geraten und welche Last sie tragen, wenn die Eltern sich streiten.

Essensbestimmungsrecht

Es stellt sich für den Streitfall die Frage, wer bestimmen darf, was das Kind essen soll und ob ein Gericht bei Streitigkeiten angerufen werden kann. Zudem ist zu klären, nach welchen Grundsätzen die Familiengerichte entscheiden werden.

Essensbestimmungsrecht bei verheirateten Eltern und sonstigen Fällen gemeinsamen Sorgerechts

Die gesetzliche Regel bei verheirateten Eltern ist § 1627 BGB. Demnach haben Eltern das gemeinsame Sorgerecht in eigener Verantwortung und gegenseitigem Einvernehmen auszuüben. Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung haben die Elternteile, die das Sorgerecht haben, zumindest ein Vetorecht, wenn ihnen das Nahrungsbestimmungsverhalten des anderen Ehegatten missfällt und können ein Gericht anrufen, um im Streitfall eine Entscheidung zu treffen. Zum Sorgerecht gehört die Pflicht, die Gesundheit der Kinder zu schützen.

Die Familiengerichte überlassen das Nahrungsbestimmungsrecht bei getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht in der Regel dem Elternteil, bei dem das Kind wohnt. (Wohl auch aus völlig zutreffenden pragmatischen Erwägungen, da es sich schlecht kontrollieren lässt, was den Kindern zu essen gegeben wird.)

Eine Ausnahme ist allerdings immer dann gegeben, wenn die Gesundheit und damit das Kindeswohl durch die Ernährung gefährdet sind. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass tatsächlich Mangelerscheinungen mit der Ernährung verbunden sind, was konkret anhand von medizinischen Werten überprüft werden kann. Eine abstrakte Gefährdung, also die bloße Gefahr, dass Mangelerscheinungen auftreten könnten, sollte für eine Kindeswohlgefährdung nicht ausreichen, da ansonsten große Teile der Junk-Food vergebenden Elternschaft um ihr Nahrungsbestimmungsrecht und auch Sorgerecht fürchten müssten.

Sofern die Kinder zur Sicherheit Nahrungssupplemente erhalten und regelmäßig die medizinischen Werte überprüft und nach den vorbezeichneten Empfehlungen erfolgreich therapiert werden, dürfte demnach eine Kindeswohlgefährdung i.d.R. ausgeschlossen sein.

Essensbestimmungsrecht bei nichtehelichen Beziehungen.

Wenn ein Elternteil kein Sorgerecht hat, so kann er auch nicht mitbestimmen, was das Kind essen soll. Für die betroffenen Eltern bietet sich deshalb an, die Übertragung des hälftigen Sorgerechts vor dem Familiengericht zu beantragen. Dieses wird von den Gerichten regelmäßig zugesprochen. Während der Verhandlung kann man dann auch die Essensproblematik erörtern.

2. Problemkreis Sorgerechtsentzug:

Generell ist die vegane Ernährung kein Grund für einen Sorgerechtsentzug.

Im nachfolgenden Beitrag wird gezeigt, wie Sie sich präventiv gegen einen Sorgerechtsentzug schützen können.

Sobald das Jugendamt oder gar Mediziner eine Kindeswohlgefährdung anzeigen wird es für die betroffenen Eltern eng. In derartigen Fällen findet häufig eine psychologische Begutachtung dahingehend statt, ob von den Eltern eine Kindeswohlgefährdung ausgeht.

Somit sind die Betroffenen zuweilen Gegenstand von zweifelhaften Begutachtungen die letztendlich zum Entzug des Sorgerechts führen können.

Prävention bedeutet daher, sich als Veganer verhalten, dass man gar nicht in den Fokus des Jugendamtes gerät.

Hier müssen Eltern sich vernünftig und geschickt verhalten, damit sie das Sorgerecht behalten. Wenn man nachfolgende Empfehlungen befolgt, dürfte, i.d.R. das Sorgerecht nicht gefährdet sein.

Ein Sorgerechtsentzug kann nur bei einer Kindeswohlgefährdung erfolgen.

Der BGH definiert Gefährdung wie folgt: “Eine gegenwärtige in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass bei der weiteren Entwicklung  eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.“ (Näheres unter BGH FamRZ 1956, S.350; NJW 1956, S.1434). Mit diesem Hintergrundwissen können Eltern eine nahrungsbedingte Kindeswohlgefährdung ausschließen. Hierbei empfiehlt es sich, die nachfolgenden Maßnahmen zu ergreifen.

Durch die vegane Ernährung selbst kann in der Regel keine Kindeswohlgefährdung gegeben sein, wenn man sich an die ärztlichen Empfehlungen hält.

Eine sehr ernste Konstellation ist gegeben, wenn Kinderärzte das Jugendamt einschalten, weil die Gesundheit des Kindes gefährdet scheint, da Mangelerscheinungen auftreten.  Hierzu sind die Ärzte verpflichtet.

Mangelernährung

Wenn der Arzt eine Mangelernährung und einen Vitamin B12 Mangel feststellt und von einer Gesundheitsgefährdung ausgeht und deshalb das Jugendamt informiert, werden Eltern die lediglich behaupten, das Kind habe keinen Vitamin B12 Mangel voraussichtlich ihr Sorgerecht verlieren.

Nach der vorbezeichneten Definition wird von den Eltern lediglich erwartet, dass sie sich so verhalten, dass keine erhebliche Schädigung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.

Bei diagnostiziertem B12 Mangel ist nach herrschender medizinischer Auffassung eine Schädigung des Kindes zu erwarten. In derartigen Konstellationen ist es daher verheerend, wenn Eltern behaupten, ein B12 Mangel sei nicht gegeben, obwohl die medizinischen Werte dies belegen. Stattdessen würde es zum Erhalt des Sorgerechts genügen, wenn man B 12 ausreichend supplementiert und nachweist, dass man effektiv gegen etwaige Mangelerscheinungen vorgeht.

Jugendamt

Reibungspunkte mit dem Jugendamt entstehen häufig durch disharmonische Gespräche im Hinblick auf den Veganismus. Hier gilt es Konflikte mit dem Jugendamt durch geschicktes Verhalten zu umschiffen.

Dem kann man dadurch vorbeugen, dass man einen der Pflanzenkost gegenüber aufgeschlossenen Kinderarzt im Rahmen der freien Arztwahl aufsucht, der sich mit potentiellen Mangelerscheinungen auskennt und entsprechend therapiert.

Es ist ohnehin eine hohe Kunst, sich ausgewogen zu ernähren. Gerade bei veganer Ernährung gehört ein fundiertes Wissen von ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen zur kindeswohlgerechten Ernährung. Diesbezüglich gibt es mittlerweile gute, weiterführende Literatur von Ernährungswissenschaftlern.

Des Weiteren empfehlen sich folgende regelmäßige Untersuchungen, um etwaige Mangelerscheinungen rechtzeitig zu erkennen:

Bei Ernährungswissenschaftlern ist noch umstritten, ob vegane Ernährung – neben Vitamin B12 – und D -Mangel, auch zu anderen Mangelerscheinungen führen kann. Daher sollten folgende Werte in Absprache mit dem Kinderarzt in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

Bei der nachfolgenden Auflistung wird von der herrschenden Meinung in der Wissenschaft ausgegangen, da diese für die Beurteilung etwaiger Kindeswohlgefährdungen von den gerichtlich bestellten Gutachtern vertreten werden wird:

Vitamin B12  ohne Supplementierung sichere Mangelerscheinung.

Vitamin D Mangelerscheinungen sollten nach H.M. zumindest im Winter durch Supplementierung verhindert werden.

Vitamin A strittig ob Carotin-Versorgung durch vegane Ernährung  genügt, im Zweifel supplementieren.

Jod  Veganer sind nach H.M. eine Risikogruppe für Jodmangel, daher überprüfen und ggfs. supplementieren.

Kalzium  H.M. Mangelerscheinungen können auftreten, sie sollten überprüft werden und ggfs. supplementiert werden.

Proteine Proteinmangel bei Kindern kann nach H.M zu Wachstumsverzögerungen bei Kindern führen, sodass sich empfiehlt, auch hier eine regelmäßige Überprüfung vorzunehmen.

DGE empfiehlt

Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff ist Vitamin B12. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehören außerdem Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren und langkettige n-3 Fettsäuren sowie weitere Vitamine (Riboflavin, Vitamin D) und Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen).

Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche wird eine vegane Ernährung von der DGE nicht empfohlen. Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden. Dazu sollte eine Beratung von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.

Werte regelmäßig überprüfen

Wer sorgerechtlich auf der sicheren Seite sein möchte, sollte daher diese Werte regelmäßig überprüfen lassen, um darauf verweisen zu können, dass man den DGE Empfehlungen für vegane Kinderernährung folgt.

Eltern sind verpflichtet, den Kindern eine adäquate Therapie bei Gesundheitsgefährdungen und Mangelerscheinungen zur Verfügung zu stellen.

Bei sämtlichen denkbaren Mangelerscheinungen kann durch vegane Medikamente und Supplemente Abhilfe geschaffen werden.

Die gesundheitlichen Vorteile der veganen Ernährung finden immer mehr Anerkennung in der medizinischen Forschung.

Die DGE hat bereits mehrfach Ihre Ernährungsempfehlungen im Hinblick auf den Konsum tierischer Proteine überarbeitet. Zudem werden immer mehr fundierte wissenschaftliche Studien zur veganen Ernährung durchgeführt.

Entsprechend werden die Unsicherheiten im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen veganer Ernährung bald überwunden sein.